Für heute steht eine Rundfahrt um die Halbinsel Vatnsnes im Norden Islands auf dem Plan. Durch die weite menschenleere Landschaft fahren wir über die Schotterstraße zur Felsenfestung Borgarvirki. Auf den Basaltfelsen eines Vulkans haben vermutlich Siedler zur Zeit der Landnahme mehrere Bauwerke errichtet. So berichtet es die Heiðarvíga-Saga, schriftliche Zeugnisse über Sinn und Zweck der Anlage gibt es nicht. Wir haben einfach nur Spaß am Entdecken, klettern durch den riesigen Steinhaufen und genießen den weiten Blick über die Fjorde und ins Landesinnere.
Danach wird’s gruselig, ein riesiges Ungeheurer wartet am Strand vor Hvitserkur auf uns. Die Isländer halten es für den Hund eines Trolls, der versuchte das Meer leer zu trinken. Währenddessen ging die Sonne auf und zack war der Troll-Hund versteinert. Jetzt ist Mittsommer, die Sonne geht nicht unter, deshalb wagen wir uns an den 15 Meter hohen Felsen ran. Die Basaltstruktur steht dicht am Ufer und ist wirklich beeindruckend groß. Sie bietet zahlreiche Nistplätze für Seevögel, die den grauen Vulkanstein mit weißen Farbklecksen beleben. Im herbstlichen Dämmerlicht und bei waberndem Nebel scheint der Fels zum Leben zu erwachen und kann einem durchaus Angst machen. So nah dran entwickelt man ein gewisses Verständnis für den Volksglauben der Menschen, die seit tausend Jahren in diesem wilden Land leben.
Als nächstes wollen wir ein paar quicklebendige Tiere beobachten. Auf den felsigen Inselchen vor der Spitze der Halbinsel ruhen bei Ebbe die Seehunde in der Sonne. Wieder rumpeln wir über die Schotterpiste, steuern voller Vorfreude die im Reiseführer genannte Stelle an. Sie liegt zwar auf dem Gelände eines Bauern, aber man darf sie anfahren, sofern man die befestigten Wege nicht verlässt. Falsch gedacht, am geschlossenen Gatter verkündet ein unübersehbares Schild, dass wegen brütender Vögel kein Zugang erlaubt ist. Sehr schade, aber Naturschutz geht vor.
Etwas enttäuscht fahren wir weiter und kommen schließlich an einen Küstenabschnitt, der nicht umzäunt ist. Ein paar Meter weiter schauen Felsen aus dem Meer und da bewegt sich doch was? Schnell parken wir auf dem Seitenstreifen, außer uns sind hier nur ganz vereinzelt Autos unterwegs. Durch das verdorrte Gestrüpp vom vergangenen Jahr gehen wir runter zum schmalen Strand und entdecken tatsächlich ein paar Robben mit Baby. Man hat uns gewarnt, die Tiere sind sehr scheu und verschwinden blitzschnell im Wasser, wenn sie erschrecken. Wir bleiben still stehen, verhalten uns so ruhig wie möglich. Die Robben schauen mal kurz zu uns herüber, bleiben aber ganz entspannt. So können wir sie eine ganze Weile beobachten und fotografieren. Wieder ein ganz besonderes Naturerlebnis auf unserer Islandtour.