Islandtour Tag 10 – Besuch in der Vergangenheit

Islandtour Tag 10 – Besuch in der Vergangenheit

Torfhof
Das Glaumbaer Museum in Varmahlid ist einer der besterhaltenen Torfrasenhöfe Islands. Es vermittelt einen Eindruck von der Lebensweise der ländlichen Bevölkerung in längst vergangenen Zeiten.

Die traditionelle Bauweise aus dicken Torfsoden für Wände und Dach, das komplett mit Gras bewachsen ist, war bis etwa 1900 üblich. Sie bietet eine ausgezeichnete Wärmeisolierung und ist eine Konstruktion, die ohne hölzerne Balken auskommt. Bis heute sind in Island große Bäume für den Hausbau Mangelware. Die ursprüngliche Hofanlage soll aus dem 11. Jahrhundert stammen. Das heutige Gebäudeensemble des Museums stammt vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Es gehörte einer wohlhabenden Familie, die mit einer Reihe dienstbarer Geister unter einem Dach lebte.

Mit romantischen Vorstellungen von der guten alten Zeit wird schnell aufgeräumt in diesem Museum. Insgesamt wohnten und arbeiteten hier mehr als 20 Menschen auf engstem Raum. Man kann es sich heute kaum vorstellen, aber Privatsphäre gab es damals nicht. Nur das Hausherrenpaar hatten eine eigene Schlafkammer. Die Knechte und Mägde teilten sich jeweils zu zweit ein Bett im großen Aufenthaltsraum. Er war streng nach Männer- und Frauenseite getrennt, auch an den Abenden, wenn alle mit Handarbeiten beschäftigt waren, musste jeder auf seiner Seite sitzen

Durch die winzigen Fenster dringt nur ein diffuses Licht in das Ensemble aus 11 kleinen Gebäuden. Es sind Küche, Milchkammer, Vorratslager oder Werkstätten, die unterirdisch durch dunkle Gänge verbunden sind. Die Torfwände unterdrücken Geräusche und verströmen noch immer einen erdigen Geruch. Selbst heute, an einem hellen Sommertag, hat man unwillkürlich den Eindruck eine Erdhöhle zu betreten. Wie man hier die langen Wintermonate ohne Tageslicht im Schein von Öllampen verbringen musste, mag man sich nicht mal vorstellen.
Die Schmuckgiebel mit den großen Fenstern wurden erst im 19. Jahrhundert vorgesetzt, als es Mode wurde sich nach außen zu öffnen. Diese Räume wirken hell und freundlich, hier zu wohnen kann man sich am ehesten vorstellen.

Alle Räume sind reich mit Möbeln, Werkzeugen und Alltagsgegenständen dieser Zeit ausgestattet, so dass man einen authentischen Einblick in die Lebensweise der Bewohner erhält. Verständigungsprobleme gibt es nicht, für ausländische Besucher liegt eine umfangreiche Beschreibung der Gebäude in mehreren europäischen Sprachen bereit. Wir finden das Museum sehr informativ, man kann sich in aller Ruhe die Exponate ansehen. Angesichts des hohen Erhaltungsaufwandes der Anlage fanden wir den Eintrittspreis angemessen.

Islandtour Tag 9 – Mini-Metropole

Islandtour Tag 9 – Mini-Metropole

Kirche Akureyri
Islands viertgrößten Stadt Akureyri gilt trotz nur 19.000 Einwohnern als wahre Metropole des Nordens. Mit einem Flughafen, einem Kongresszentrum und dem Tiefwasserhafen im Fjord hat sie alles, was eine richtige Metropole ausmacht. Wenn hier Kreuzfahrtschiffe tausende Besucher in die kleine Stadt brachten, war sicher eine Menge los. Doch zur Zeit ist man noch verschont von dieses touristischen Auswüchsen und kann ganz entspannt die Stadt entdecken.

Sofort ins Auge fällt die lutherische Kirche, die auf einem Hügel hoch über der Stadt steht. Sie wurde vom gleichen Architekten erbaut wie die bekannte Hallgrimskirka in Reykjavik, was die Ähnlichkeit erklärt. Leider ist sie wegen Renovierungsarbeiten geschlossen, deshalb bummeln wir weiter zur Fußgängerzone. Viele Geschäfte mit Outdoor Bekleidung, nicht weiter überraschend in diesem Land. Überraschend finden wir den Andrang in den kleinen Cafés. Wirklich jeder Stuhl in der Sonne ist besetzt von eher leicht bekleideten Isländern. T-Shirt oder kurze Hosen scheinen uns auch bei windstillen 8° noch sehr mutig zu sein.

Das ultramoderne Kongresszentrum hat nicht ganz soviele Besucher, was sicher auch an den Folgen der Pandämie liegt. In den Straßen am Hafen stehen die ältesten Häuser, aus der Gründungszeit Mitte des 19. Jahrhunderts. Auf Schautafeln wird die Entwicklung der Stadt unter der dänischen Herrschaft mit Texten und alten schwarz-weiß Fotografien erläutert.

Wir wandern hinauf zu den Hügeln oberhalb der Kirche und spazieren vorbei an gepflegten Bürgerhäusern zum Botanischen Garten. Hier erwartet uns natürlich keine farbenprächtigen exotischen Zierpflanzen. In den gepflegten Rabattten blühen bunte Tulpen und Osterglocken, die meisten hier vertretenen Gewächse kennen wir aus dem eigenen Garten. Überall sind Gärtnerinnen an der Arbeit, fahren Schubkarren voll Erde bei oder bringen  Grünschnitt weg. Offenbar ist das Island ein gängiger Frauenberuf. Hier ist eben manches anders.

Islandtour Tag 8 – Auf dem Vulkan

Islandtour Tag 8 – Auf dem Vulkan

Vulkankrater
Heute treten nur noch sporadisch Graupelschauer auf, wir beschließen ins Vulkangebiet bei Myvatn zurückzukehren. Die kleine Höhle, die wir ansteuern, ist Millionen Zuschauern aus der Serie Game of Thrones bekannt. Jon Snow hat hier mit seiner Ygritte gebadet, das ist leider nur in Hollywood möglich. Das Wasser im natürlichen Felsbecken ist nämlich 46° Grad heiß, wir gewöhnlichen Sterblichen würden uns ganz schnell verbrühen. Den Zauber des Original-Dreh-Schauplatzes beeinträchtigt dieses Wissen aber kaum.

Wir haben uns höhere Ziele gesteckt, genauer wollen wir auf den Krater eines erloschenen Vulkans steigen. Auch hier nur ein paar Autos auf dem Parkplatz, die Zuwegung ist bestens ausgeschildert, Eintritt oder Parkgebühren kennt man hier nicht. Auf dem ausgewiesenen Weg wandert man an der Flanke des Vulkans hinauf auf  knapp 200 Meter Höhe über die Umgebung. Der Untergrund aus  leichten Tuffsteinen, die unter jedem Schritt nachgeben, macht das Gehen mühsam. Aber dann sind wir oben, stehen auf dem Rand dea Kraters und schauen mitten hinein. ein spektakulärer  Anblick. Fast kreisrund ist das riesige Loch, wie man sich das vorstellt, nur in der Mitte erhebt sich ein kleiner Kegel, der nach dem Ausbruch noch angehoben wurde. Erst vor 2.500 Jahren ist der Vulkan ausgebrochen, das ist nicht lange her. In einem weiten Umkreis hat er Tuff und glühende Asche geschleudert, das erkennt man auch ohne Geologie studiert zu haben.  Es gibt hier keine Pflanzen, keine Insekten summen, kein Vogel ist zu sehen. Wir hören nur den Wind rauschen und sind fasziniert von diesem Erlebnis.

Unten am großen Myvatn See gehen wir eine ausgeschilderte Runde, die uns weitere Zeugnisse der vulkanischen Aktivität zeigt. Oder sind die Steintürme mitten im See etwa Reste von Brückenpfeilern? Der Legende nach wurden sie von Trollen erbaut, man könnte es fast glauben. Die Basaltklötze scheinen ziemlich ungelenk aufeinander gesetzt worden zu sein. Ein Stück weiter am Weg stoßen wir auf bizarr geformte Bäume, hinter denen sich eine kleine Höhle versteckt. Ein Zugang ins Elfenreich? Viele Isländer glauben an die verborgene Welt, wer weiß schon mit Sicherheit, was sich in dieser magischen Landschaft verbirgt?

Islandtour Tag 7 – Schneetreiben

Islandtour Tag 7 – Schneetreiben

Husavik Hafen
Es gibt in jedem Urlaub Tage, die man am liebsten streichen würde. Noch bevor die heutige Tour beginnt, erwartet uns die erste unangenehme Überraschung. In der Nacht sind einige Zentimeter Schnee gefallen, damit hatten wir Mitte Juni nicht gerechnet. Während wir die Frontscheibe vom Eis befreien, danken wir im Stillen unserer Fachwerkstatt, die unsere Heizung noch kurz vor der Abfahrt repariert hatte.

Auf den geplanten Spaziergang am Seeufer verzichten sir, im Schneetreiben wäre ohnehin nicht viel zu sehen. Aber die Geothermiezone mit den rauchenden Solfataren wollen wir nicht verpasse. Schon von weitem sieht man die Dampfschwaden des geothermischen Kraftwerks, mit dem die Isländer umweltfreundlichen Strom produzieren. Gegenüber liegt der Parkplatz, wo man zum Rundgang startet zwischen dampfenden Erdlöchern und blubbernden Schlammtöpfen. Der Schlamm ist heißer als hundert Grad, das mussten schon einige unvorsichtige Touristen am eigenen Leib erfahren. Wegen der Gefahr von schweren Verbrennungen wird eindrücklich vom Verlassen den abgesteckten Wege gewarnt. Über allem wabert ein durchdringender Gestank nach faulen Eiern, den der Wind in alle Richtungen treibt. Ein sehr spannendes Erlebnis, wobei wir auf die Abkühlung durch die ständigen Schneeschauer gern verzichtet hätten.

Zum Aufwärmen bietet sich ein Besuch des Myvatn Nature Bath an. Eine künstliche Lagune, in der das heiße mineralstoffhaltige Wasser mehr zum Relaxen als zum Schwimmen einlädt. Rainer ist sofort begeistert von der Idee, denn es ist nur eine verschwindend kleine Zahl an Badegästen in den riesigen Becken zu sehen. Das hat einen einfachen Grund, wie in Island üblich ist das Bad ein Freibad. Umkleiden und Duschen sind im Hauptgebäude, dann geht’s hinaus in der frischen Luft zu den Pools. Die Luft ist wirklich sehr frisch, maximal 2-3° C, da soll man nur im Badeanzug draußen rumlaufen? Schon der Gedanke lässt mich frösteln. Bei allen Außenaktivitäten tragen wir mehrere Lagen warme Winterkleidung. Mütze, Handschuhe und Skiunterwäsche sind wegen des eisigen Windes immer angesagt. Ich könne im Pool gern meine Wollmütze tragen, schlägt die freundliche Dame an der Rezeption vor, um meinen Kopf im Schneeschauer warm zu halten. Nein, danke,  dazu kann ich mich nun doch nicht überwinden. Unter Hohn und Spott meines Navigators, der weder Schneetreiben noch Kälte scheut, schlage ich eine Planänderung vor.

Im Hafenstädtchen Húsavík verspricht der Wetterbericht Sonnenschein, also steuern wir den Pickup gen Norden. Der Campingplatz liegt fußläufig zum kleinen Hafen, dort wollen wir uns nach Whalewatching Touren erkundigen. Früher wurden die sanften Riesen gnadenlos bejagt, jetzt wissen die Isländer dass man mit lebendigen Walen auch gutes Geld verdienen kann. Wenn die Touristenscharen kommen, was aktuell wegen Covid nicht der Fall ist. Im Ticket Office werden meien Hoffnungen herb enttäuscht. Nur eine Tour täglich wird gefahren, mehr lohnt nicht, die heutige ist schon vorbei. Ob man morgen fahren kann ist mehr als fraglich, es sei Wind aus Nord angekündigt, mit hohen Wellen, da sieht man nicht viel. Vor allem nicht, wenn man bei dem Geschaukel nur die Fische füttern kann, denke ich mir.

Sehr schade, aber nicht zu ändern, dann machen wir halt große Wäsche. Auf dem Campingplatz gibts eine hochmoderne Waschmaschine nebst ebensolchem Trockner. Eine französische Besucherin ist mit der vom Isländischen ins Englische übersetzten Anleitung des Trockners überfodert. Gemeinsam starten wir das Gerät, ich packe meine Wäsche in die Waschmaschine. Nach einer Stunde treffen wir uns wieder in der Laundry. Die Waschmaschine ist fertig, der Trockner hat auch gestoppt, aber die Wäsche ist noch ziemlich nass. Also wählen wir anderes Programm aus den kryptischen Zeichen – soll es eine volle Sonne sein oder 3 Striche nebeneinander? wieder eine Stunde warten, gleiches Ergebnis. Rainer untersucht den Trockner, unter dem Wasserbehälter die Tropfen rauslaufen, da ist irgendwas defekt. Ich erkläre es Madame und packe frustriert meine nasse Wäsche ein. Es bleibt uns nichts übrig, als dem ganzen Camper damit zu dekorieren. Rainer spannt eine Wäscheleine zwischen Garderobenhaken und Küchenschrank, ich hänge alles in Bad was an die Haken geht. In kürzester Zeit haben wir ein Klima wie in der Waschküchen. Wir heizen was das Zeug hält, um die Feuchtigkeit zum Fenster hinaus zu befördern. Mit Erfolg, nach 2-3 Stunden ist alles trocken.
So nimmt also dieser Tag voller Pleiten, Pech und Pannen doch noch ein gutes Ende.

Islandtour Tag 6 – Allrad-Piste

Islandtour Tag 6 – Allrad-Piste

Allradpiste

Von Thorshöfen im Nordosten Islands kann man die Halbinsel Langanes befahren, wenn man ein Fahrzeug mit Allradantrieb und ausreichend Bodenfreiheit hat. Die Straße 868 ist eine unbefestigte Piste, die nur für 4×4 Antrieb zugelassen ist. Sie führt über unwirtliches, steiniges Gelände, auf dem das Meer Unmengen von Treibholz abgeladen hat. Es stammt aus russischen Wäldern und reist eingeschlossen in Eisschollen mit der Strömung den weiten Weg bis Island. Die Kraft der Wellen zeigt sich auch an anderen Stellen. Bei Sturmfluten wurden die rostigen Überreste eines Schiffswracks hoch aufs Land geworfen und leider auch große Mengen Plastikmüll, die den Strand bedecken.

Wir rumpeln durch die Schlaglöcher und kommen an einiges lost places vorbei, verlassene Fischerhäuschen, die der Strecke noch etwas abenteuerlicher machen. So ein Abenteuer gehört zu jeder schönen Reise, sonst wäre sie doch langweilig. Hier können wir die Fähigkeiten unseres Pickup Campers testen, zuhause war es durch den Lockdown nicht möglich. Natürlich ist er für solches Gelände ausgelegt, aber mit der großen Kabine huckepack ist das Fahrverhalten anders.

Die schlammige, feuchte „Straße“ windet sich mehrere sehr steile Höhenzüge hinauf, auf der anderen Seite geht’s genauso steil in engen Serpentinen hinab. Das meistert unser Pickup souverän, die Geländereifen haben besten Grip. Gelegentlich wird ein Wasserlauf auf zwei simplen Holzbohlen überquert, neben denen ein Schild „maximal 2t Achslast“ vorschreibt. Sehr lustig, die erste solche Brücke sah so instabil aus, dass wir überlegen, ob es besser wäre den Bach zu furten. Der Ranger hat 80cm Wattiefe, kann also auch ohne Rüssel durch kleinere Gewässer fahren.

Basstölpel Kolonie

Auf etwa 35km sStrecke begegnen uns nur ein paar Schafe und eine gut getarnte Herde Rentiere, dann erreichen wir die Vogelfelsen bei Skalar. Mitten in der tosenden Brandung steht wie eine winzige Insel ein einzelner Felssporn, der irgendwann von der Steilküste abgetrennt wurde. Jeder noch so winzige Vorsprung ist bewohnt von einem Paar Basstölpel, denen wir von einer Plattform aus in die Kinderstube schauen dürfen. Sie fliegen unglaublich akrobatische Manöver und landen exakt vor ihrem jeweiligen Nest. Wir könnten ihnen stundenlang zuschauen, doch der eisige Wind zerrt an uns. Ohne die winddichte Wanderkleidung und warme Skiunterwäsche würden wir es bei Temperaturen um Null Grad nicht lange aushalten.

Nach diesem abenteuerlichen Vormittag rollen wir nach einer kurzen Brotzeit ganz entspannt über geteerte Straßen weiter nach Westen. Das Vulkangebiet Reykjahlid mit den kochenden Schwefelquellen gehört zu den Top Tourismusmagneten in Island. Doch vorher müssen wir noch den Dettifoss besuchen, den leistungsfähigsten Wasserfall Europas. Auf dem großzügigen Parkplatz mit WC-Häuschen stehen nur etwa 20 Camper und 10 Miet-PKW. Offenbar ist der Tourismus nach dem Covid-Einbruch noch nicht wieder voll angelaufen.

Durch ein unwirkliches Lavagebiet führt der abgesteckte Fußweg. Rechteckige Basaltfelsen sind wie überdimensionale Legoklötze aufeinander gestapelt. Wir klettern über kleine Felsvorsprünge und wandern in Richtung des rauschenden Wassers. Zuerst sehen wir den aufstiebenden Spray des Wasserfalls, in den die Sonne einen wunderschönen Regenbogen malt. Der starke Wind weht die Gischt über mehr als hundert Meter zu uns herüber. Glitschig nasse Felsen bilden den Weg zu einer Aussichtsplattform, von wo man den 16m breiten Wasserfall bewundern kann. In der Mitte ist er von drei Felsen unterbrochen, die ihm sein typisches Aussehen geben. Donnernd stürzen die Wassermassen etwa 10m in die Tiefe, wo sie von Felswänden eingeklemmt zum dem nächsten Felssturz strömen. Wir wenden uns flussaufwärts, dort kommt man zu Fuß an eine weitere Kaskade. Der Selfoss ist ein kleinerer, hufeisenförmigen Wasserfall, ebenfalls sehr beeindruckend unf ein beliebtes Fotomotiv.

Noch ganz begeistert von den schönen Natur-Erlebnissen diese Tages fahren wir zum Campingplatz am Myvatn See, der für morgen auf dem Programm steht.

Islandtour Tag 5 – Über 66°N

Islandtour Tag 5 – Über 66°N

Rjukandi Wasserfall
Heute stehen längere Fahrstrecken an, der Leuchtturm in Vopnafjördur mit seiner Seeschwalben-Kolonie ist 235 km entfernt. Man darf nur 80 oder 90 km/h fahren, obwohl es sehr wenig Verkehr gibt. Über die vielen kurvigen Straßen durch die Berge brauchen wir etwas mehr als 3 Stunden. Eine geteerte Straße geht unvermittelt über in eine „Dirt Road“. Nur ein einziges Warnschild zeigt an, dass es nun auf einer unbefestigten Piste weiter geht, das Tempo ist hier auf 60km/h beschränkt. Sie sind als offizielle Straßen für normale PKW befahrbar, beschildert und mit Leitpfosten markiert und werden auch regelmäßig gepflegt. Für unseren Ranger sind diese Straßen keine Herausforderung, aber das ganze Fahrzeug wird rundherum mit Schlamm gesprenkelt.

Unterwegs halten wir am zweigeteilten Rjukandi Wasserfall, der von der Ringstraße aus zu sehen ist. Man geht einen kurzen steilen Anstieg hinauf zum Aussichtspunkt, und spürt den Spray des tosenden Wassers auf der Haut. In diesem Jahr war der Winter lang, hat uns ein Isländer erzählt, der Schnee ist jetzt im Juni noch nicht  weggeschmolzen. Die meisten Straßen im Hochland sind noch gesperrt und die Flüsse führen viel Wasser.

Am Ziel wandern wir wie geplant zum Leuchtturm, der leider recht unscheinbar und nicht  für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Die kleinen Seeschwalben schwirren elegant zu ihren Nestern, wir müssen ständig gegen den heftigen Wind ankämpfen. Ein Sturmtief aus dem Norden ist angekündigt, es ist empfindlich kalt geworden. Wir überfahren heute den 66.  Breitengrad, sind also knapp unter dem Polarkreis, der auf 66°33“ nördlicher Breite liegt.

Draußen ist es recht ungemütlich, deshalb beschließen wir noch weiter zu fahren, nach Thorshöfen am nordöstlichen Zipfel Islands. Dort verbringen wir eine stürmische Nacht, der Wind heult und rüttelt an der Kabine. Obwohl wir es warm und gemütlich haben, fällt mir das Einschlafen schwer. Es wird abends nicht mehr dunkel, statt 22 Uhr könnte es auch später Nachmittag sein. Wacht man in der Nacht auf, ist es chon wieder taghell und die Vögel zwitschern. Dadurch verliert man das normale Zeitgefühl, ein merkwürdiger Effekt des arktischen Sommers.